Donnerstag, Oktober 25, 2007

"Bamberger Erklärung" vom 22. Oktober 2007

Die "Bamberger Erklärung" vom 22. Oktober 2007 verabschiedet im Rahmen des internationalen Symposiums "Deutsche Jugendämter und Europäische Menschenrechtskonvention" unter der Leitung : Annelise Oeschger, Präsidentin der Konferenz der Internationalen Nichtregierungs-Organisationen des Europarates (Anlage 21 http://www.petra-heller.com/AKTUELLES_nach_Datum.146.0.html#071023) stellt fest:

"Im Rahmen des Kinder- und Jugendschutzes in Deutschland, namentlich von Seiten der Jugendämter, kommt es zu Verletzungen der Menschenrechte, insbesondere der von Art. 3 (Verbot der Folter), Art. 6 (Recht auf ein faires Verfahren vor unabhängigen Gerichten), Art. 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens), Art. 13 (Recht auf wirksame Beschwerde) und Art. 14 (Diskriminierungsverbot) der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte".

1 Kommentar:

Walter Keim hat gesagt…

Volständiger Wortlaut:

BAMBERGER ERKLÄRUNG
verabschiedet im Rahmen des internationalen Symposiums
„Deutsche Jugendämter und Europäische Menschenrechtskonvention“
Bamberg, 20. / 21. Oktober 2007
Leitung : Annelise Oeschger, Präsidentin der Konferenz der Internationalen Nichtregierungsorganisationen
des Europarates
Aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen und der Erfahrungen zahlreicher betroffener Familien
sowie Beiträgen von Fachleuten stellen die Teilnehmer des Symposiums fest:
- Im Rahmen des Kinder- und Jugendschutzes in Deutschland, namentlich von Seiten
der Jugendämter, kommt es zu Verletzungen der Menschenrechte, insbesondere der
Artikel 3, 5, 6, 8, 13 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention.
- Die Jugendämter in Deutschland unterstehen keiner wirksamen Kontrolle, weder
fachlich noch rechtlich.
- Jugendämter setzen sich oft über rechtskräftige Entscheide von Gerichten zum
Sorgerecht und zum Umgang hinweg.
- Unter dem Vorwand des Datenschutzes wird das elementare Recht der Informationsfreiheit
und der Akteneinsicht für Angehörige und ihre Anwälte verletzt.
- Die Entziehung des Sorgerechts sollte die ultima ratio sein und nur erfolgen, wenn
Eltern erziehungsunfähig sind und das Kindeswohl mit keiner anderen Maßnahme
garantiert werden kann. In der Praxis wird das Sorgerecht jedoch oft entzogen, ohne
dass ein solcher Grund vorliegt und diese Tendenz hat sich in der letzten Zeit noch
verstärkt. Dabei wird auch die Möglichkeit der Unterbringung des Kindes im
familiären Umfeld zu wenig genutzt.
- Die Wegnahme der Kinder erfolgt oft in menschenverachtender Art und Weise.
- Statt dass die möglichst rasche Rückkehr des Kindes vorbereitet wird, wird das Kind
den Eltern sehr oft entfremdet, durch direkte Beeinflussung des Kindes und / oder
durch Verschleppung des Verfahrens durch das Jugendamt und die Gerichte. In vielen
Fällen wird mit der nachlassenden Widerstandskraft und der finanziellen Überforderung
der Eltern und deren Umfeld gerechnet.
- Aus Angst vor Repressalien wagen es Eltern, unterstützende Personen und Fachleute
oft nicht, gegen Maßnahmen oder Entscheide rechtliche Schritte zu unternehmen.
- Den Eltern wird es oft unmöglich gemacht, die Rechte wahrzunehmen, die ihnen auch
nach einem Sorgerechtsentzug zustehen (z. B. Kontakt mit der Schule und Mitspracherecht,
Einverständnis bei medizinischen Eingriffen, religiöse Erziehung).
- Während der Fremdunterbringung sind zahlreiche Kinder physischen und psychischen
Misshandlungen ausgesetzt.
- In zahlreichen Fällen wird den Eltern der Umgang mit ihren Kindern in ihrer Muttersprache
verweigert oder den Kindern wird der Gebrauch ihrer Muttersprache
untersagt. Dabei werden auch Körperstrafen angewendet.
- Die Kontrolle der Pflegeheime und Pflegefamilien ist oft mangelhaft.
- Die Mitarbeiter der Jugendämter können kaum straf- oder zivilrechtlich zur
Verantwortung gezogen werden.
- Sowohl bei den Jugendämtern wie bei den Gerichten fehlt fachlich genügend
ausgebildetes Personal. Eine Folge davon ist, dass sich beide zu sehr auf Gutachten
verlassen, die oft einseitig sind. Von der Einholung von Gegengutachten oder
Gutachten neutraler Experten, auch aus dem Ausland, wird oft abgesehen.
- Statt dass sich Behörden auf Fakten stützen, legen sie ihren Entscheiden oft subjektive
Meinungen und Vorurteile zu Grunde (Etiketten statt Fakten). Dieses Vorgehen ist vor
allem da festzustellen, wo die Diagnose und / oder die Therapie unter medizinischen
Fachleuten strittig ist, wie zum Beispiel bei der chronischen Borreliose und dem
Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADHS). Ein weiteres inakzeptables Vorgehen
besteht darin, die wissenschaftlich höchst umstrittene Diagnose „Münchhausen-by-
Proxy-Syndrom“ zur Begründung von Sorgerechtsentzügen zu missbrauchen. In
diesen Fällen stehen häufig auch politische und wirtschaftliche Interessen auf dem
Spiel, was die Gefahr von Entscheidungen die das Kindeswohl außer Acht lassen,
nochmals stark erhöht.
- Die staatlich angeordnete Fremdunterbringung von Kindern scheint mehr und mehr
von wirtschaftlichen Interessen geprägt zu sein. Zahlreiche Institutionen sind zum
wirtschaftlichen Überleben auf die regelmäßige Zuteilung von Kindern angewiesen.
Die Teilnehmer des Symposiums fordern daher:
- Die Umstrukturierung des Kinder- und Jugendschutzes, vor allem die Einführung
einer unabhängigen und wirksamen Rechts- und Fachaufsicht, die Einführung eines
unabhängigen Fachgremiums, das die Entscheide betreffend den Entzug des
Sorgerechts unverzüglich und in der Folge auch die Vorbereitung der Rückkehr
regelmäßig überprüft, sowie die obligatorische Fortbildung für das Personal von
Jugendämtern und Familiengerichten.
- Diese Umstrukturierung muss garantieren, dass Entscheide betreffend das Sorgerecht
ausschließlich aufgrund von Fakten und nicht von Vorurteilen gefällt werden, zum
Beispiel durch Einholung von mindestens zwei unabhängigen Gutachten.
- Die konsequente Verfolgung strafrechtlich relevanter Handlungen, die von
Mitarbeitern von Jugendämtern und Gerichten begangen werden.
- Die Einführung der Stelle einer nationalen Ombudsperson für die Angelegenheiten des
Kindes- und Jugendschutzes.
- Die Menschenrechte auf Freiheit und Sicherheit und auf Achtung des Privat- und
Familienlebens (EMRK Art. 5 und 8) dürfen nicht dem abgeleiteten Grundrecht auf
Datenschutz untergeordnet werden. Auf allen Stufen des Verfahrens muss
Transparenz für die Eltern und deren Vertreter garantiert werden.
- Die Überprüfung der Rechts- und Zweckmäßigkeit aller aktuellen Fälle von
Sorgerechtsentzug innerhalb kürzester Zeit durch ein eigens dafür eingesetztes
unabhängiges nationales Fachgremium.
- Die ideelle und materielle Rehabilitation der betroffenen Kinder und Familien.
- Die Umsetzung der Empfehlungen des Menschenrechtskommissars des Europarats
zuhanden der Bundesrepublik Deutschland (z.B. „die Aufnahme der Menschenrechte
als Kernbestandteil der beruflichen Ausbildung im Justizvollzug und für Lehrer und
Praktiker im Sozialwesen und Gesundheitsbereich“).
- Die Aufnahme der Jugendamts-Problematik in den Folgebericht des Menschenrechtskommissars
des Europarats zur Situation in Deutschland.
Die Teilnehmer des Symposiums erwägen:
- Die Organisation einer Folgeveranstaltung in den nächsten Monaten.
- Die Förderung der internationalen Vernetzung von betroffenen Familien, deren
Vertretern und Experten diverser Fachrichtungen.
- Die Einreichung einer Petition beim Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments
in der die Bundesrepublik Deutschland aufgefordert wird, alle aktuellen Fälle von
Fremdplatzierung von Kindern zu überprüfen.