Ein grausamer Fall
Die BGH-Entscheidung im Fall Dennis stößt auf Unverständnis. Warum gilt es als entlastend für die verurteilten Eltern, dass der Sechsjährige nach langer Mangelernährung kein Hungergefühl mehr hatte?
Von Steffen Hudemann
Im Fall Dennis hat der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) am Montag entschieden, dass es nicht zwangsläufig grausam ist, wenn Eltern ihr Kind verhungern lassen zumindest im engeren juristischen Sinne nicht. Der BGH hob ein Urteil des Landgerichts Cottbus auf. Dieses hatte eine besondere Grausamkeit der Tat angenommen und die angeklagten Eltern nicht wegen Totschlags, sondern wegen Mordes verurteilt.
Es ist nicht einfach, die Begründung der Richter zu verstehen. Doch längst nicht jede vorsätzliche Tötung ist nach juristischen Maßstäben auch ein Mord. Liegen keine besonderen Umstände vor, wird das Gericht eher einen Totschlag annehmen. Zu einem Mord wird die Tat nur dann, wenn ein Merkmal gegeben ist, das die Tat besonders verwerflich macht. Darunter fallen zum Beispiel Heimtücke, Habgier, Verdeckungsabsicht oder eben Grausamkeit. Der BGH verlangt hierfür, dass der Täter seinem Opfer in gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung Schmerzen oder Qualen körperlicher oder seelischer Art zufügt, die nach Stärke oder Dauer über das für die Tötung erforderliche Maß hinausgehen".
Der Täter muss dabei gar nicht Hand an sein Opfer legen. Er kann auch durch Unterlassen grausam töten. Dass er sein Opfer verhungern lässt, ist das Lehrbuchbeispiel für diesen Fall. Dennoch hat der BGH im Fall Dennis anders entschieden. Denn der Vorsatz der Eltern, so die Bundesrichter, habe zwar die Tötung durch Unterlassen, nicht aber grausames Handeln umfasst. Als die Eltern beschlossen, ihren Sohn verhungern zu lassen, sei für sie nicht erkennbar gewesen, ob ihr Sohn besonders leide er habe schließlich keinen Hunger mehr verspürt. Es bleibt letztlich offen, ob das Untätigbleiben der Angeklagten nicht insgesamt nur einer von Gedanken- und Hilflosigkeit geprägten, durch Passivität gekennzeichneten Lebensführung entsprang", heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts.
Dem Urteil lässt sich allerdings nicht entnehmen, ob der BGH in Zukunft in ähnlichen Fällen genauso entscheiden wird. Das Gericht spricht von außergewöhnlichen Umständen im Tatbild", die Angeklagten seien mit psychischen Beeinträchtigungen belastete Täterpersönlichkeiten". Vor einem halben Jahr hatte derselbe Senat einen vergleichbaren Sachverhalt nämlich ganz anders beurteilt. Im Fall Jessica bestätigte der BGH das Urteil des Landgerichts Hamburg: Lebenslange Freiheitsstrafe wegen grausamen Mordes durch Unterlassen. Das siebenjährige Mädchen hatte am Ende nur noch 9,6 Kilogramm gewogen und war an Erbrochenem erstickt.
Das Landgericht Cottbus muss nun wegen Totschlags verurteilen. Der Unterschied ist erheblich. Bei einer Verurteilung wegen Mordes wäre die Strafe lebenslang gewesen, für Totschlag liegt sie zwischen fünf und 15 Jahren. In besonders schweren Fällen" kann das Gericht zwar auch beim Totschlag auf lebenslange Strafe erkennen. Das erscheint nach den Vorgaben des BGH aber ausgeschlossen.
Fall Dennis: Das neue Urteil schockiert auch Juristen
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From: papa-info-bounces@listserv.shuttle.de [mailto:papa-info-bounces@listserv.shuttle.de] On Behalf Of info@grosselternproenkel.de
Sent: Thursday, March 22, 2007 12:40 PM
To: papa-info@listserv.shuttle.de
Subject: [papa-info] Der Tagesspiegel: Ein grausamer Fall
info@grosselternproenkel.de hat Ihnen folgenden Artikel geschickt:
Mitteilung: Ich kann es nicht glauben. Es schüttelt mich.
Marianne Heß
Großeltern pro Enkel
Der Tagesspiegel, 21.03.2007
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Ein grausamer Fall
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Den vollständigen Artikel finden Sie unter
http://www.tagesspiegel.de/fragen-des-tages/archiv/21.03.2007/3153428.asp
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